Immobilienkauf

Deutsche Bauweise vergleichsweise zu teuer?

Deutsche Bauweise im internationalen Vergleich
12 Jan
Ist die deutsche Bauweise im Vergleich zu unseren Nachbarn zu teuer? (Foto: Andreas Hermsdorf / pixelio.de)

Die Deutschen sind dafür bekannt, dass wenn sie etwas anpacken, es dann richtig machen. Dies gilt natürlich auch für die deutsche Bauweise der Eigenheime – und das ist teuer. Im internationalen Vergleich zeigt sich, dass es fast nirgends so kostspielig ist, den Traum vom Eigenheim zu verwirklichen, wie in Deutschland. Strenge Bauvorschriften, solide Materialien und nicht gerade preiswerte Fachkräfte spielen bei der Preisgestaltung eine wichtige Rolle.

Deutsche Bauweise – steht für Qualität

Nicht umsonst sind die Deutschen international für ihre Qualität bekannt. Nicht nur im Autobau stehen wir hoch im Kurs. Die deutsche Bauweise von Eigenheimen steht für feste Betonmauern, high-tech Fenster mit dreifacher Verglasung und Rohr- und Stromleitungen, die akkurat unter dem Putz verlegt sind. Für uns ist das ganz normal und viele können sich auch nichts anderes vorstellen. Diese Art ein Haus zu bauen macht es aber nicht gerade günstig. Dazu kommen noch die relativ hohen Grundstückspreise. Durchschnittlich kann man sagen, dass eine Immobilie in Deutschland mit etwa 110 Quadratmetern Wohnfläche, inklusive Grundstück, auf dem Land bei 230.000 Euro anfängt und in der Großstadt auch schnell mehr als eine halbe Millionen Euro kosten kann. Aber der Deutsche zahlt das gerne, schließlich hat er bis zur Rente Zeit, dieses Geld zurück zu zahlen und man lebt ja den Rest seines Lebens in dieser Immobilie, wenn alles gut läuft.

Die deutsche Bauweise ist solide, es geht aber günstiger

Betrachtet man Häuser in Frankreich oder in anderen südeuropäischen Ländern, so findet man auch feste Betonbauten, mit einem kleinen Unterschied: Die Leitungen werden nicht fein säuberlich unter Putz versteckt, sondern über Putz verlegt. Das sieht vielleicht nicht ganz so gut aus, ist aber um ein Vielfaches günstiger und auch einfacher zu Warten.

Geht man in den skandinavischen Norden oder in die USA und Kanada, so findet man eine ganz andere Art, Mauern zu errichten: Pressspanplatten. Dies zeigt sich deutlich im Preis: Ein Haus in Amerika mit etwa 150 Quadratmetern und einer Doppelgarage gibt es dort schon für umgerechnet 110.000 Euro, nicht mal halb so teuer, was die deutsche Bauweise im Vergleich kosten würde. Dazu kommt noch das Grundstück, welches im Schnitt für 1000 Quadratmeter rund 40.000 Euro kostet.

Unsere Nachbarn in den Niederlanden sparen sich aus geographischen Gründen viel Geld beim Hausbau. Der Grundwasserspiegel liegt dort so hoch, dass Keller nicht oder nur schwer realisierbar sind (vgl. Geographie von Rotterdam). Ein Schuppen aus Holz hinterm Haus reicht hier vollkommen aus. Die deutsche Bauweise kostet rund 50.000 Euro mehr.

Große Einschränkung durch deutsche Bauweise

Ja, unsere Häuser sind solider, als die Pressspanvarianten der USA. Auch sind Keller eine sehr angenehme Staufläche und unschöne Rohrleitungen sucht man bei uns auch vergebens, aber lohnt sich das alles?

Das größte Problem, mit dem die deutsche Bauweise zu kämpfen hat, ist die mangelnde Flexibilität. Wer kauft sich heute schon ein Haus aus den 60er Jahren und fühlt sich darin richtig wohl? Damals wurden ganz andere Ansprüche gestellt: Ein großes Wohnzimmer für die ganze Familie und kleine Zimmerchen für die Kinder, schließlich musste nur ein Bett und ein Schrank untergebracht werden. Eventuell ein kleiner Schreibtisch für die Schulsachen. Heute brauchen und wollen Kinder deutlich mehr Platz. Darum heißt es bei gebrauchten Immobilien: Umbauen. Dies ist aber leichter gesagt, als getan. Die deutsche Bauweise ist auf Dauerhaftigkeit ausgelegt, nicht auf Umbau. Teilweise sind alle Trennwende tragend und können nicht entfernt werden. Auch ist viel Stahl verbaut, welcher das Signal von W-Lan und Mobilfunknetzen beeinträchtigt und als störend empfunden wird.

Die Mentalität ist entscheidend

Der Deutsche ist gründlich, baut solide und plant fürs Leben. Hat er sein Eigenheim errichtet, will er dort wohnen bleiben. Anders ist die Einstellung in anderen Ländern zu den eigenen vier Wänden. Skandinavier beispielsweise wechseln mehrmals im Leben den Wohnort und deshalb muss das Eigenheim vor allem günstig sein, da es nicht für ewig bewohnt wird.

Dabei ist der Wertverlust eines Holzhauses, welches übrigens ebenso lang überdauern kann, wie ein Haus aus Stein, ebenfalls geringer. Egal ob Holz oder deutsche Bauweise, nach kurzer Zeit ist mit einem Wertverlust von rund 20 Prozent zu rechnen. Hat man 250.000 Euro ausgegeben, sind dies 50.000 Euro, die verloren wurden. Bei einem skandinavischen 150.000 Euro Haus sind lediglich 30.000 Euro Verlust zu verbuchen.

Wie bereits erwähnt, zahlt der Deutsche häufig bis in den Renteneintritt sein Eigenheim ab. Da andere Länder günstiger bauen, können die Bauherren auch schneller schuldenfrei sein und ihre Ersparnisse besser nutzen, zum Beispiel für die Altersvorsorge.

Ist die deutsche Bauweise zu teuer?

Das ist nicht so einfach zu sagen. Vielleicht kommt es so rüber, als würden wir Deutschen unnötig viel Geld ausgeben. Dem ist aber nicht unbedingt so. Klar könnten wir uns etwas von unseren Nachbarn abschauen, beispielsweise die Sache mit dem Keller, wird er wirklich benötigt, oder ist das Grundstück groß genug für einen größeren Schuppen für Reifen, Fahrräder etc.? Die nachfolgende Rechnung soll verdeutlichen, dass die deutsche Bauweise insgesamt nicht unbedingt teurer sein muss:

Ein Deutscher baut ein Haus für 250.000 Euro. Hier wohnt er bis ins hohe Alter und verkauft es nicht. Das ist natürlich der Idealfall, er muss nicht ins Altersheim oder aus einem anderen Grund verkaufen.

Im Vergleich dazu ein Skandinavier. Er kauft sein erstes Haus für 150.000 Euro. Dieses verkauft er nach 20 Jahren für 120.000 Euro wieder. Das zweite Haus kostet wieder 150.000 Euro, welches wieder für 120.000 Euro verkauft wird. Das dritte Eigenheim bleibt mit weiteren 150.000 Euro dann sein Altersruhesitz. So hat er im Laufe seines Lebens 210.000 Euro allein für die Häuser ausgegeben (2*30.000 Euro Verlust + 150.000 Euro für das dritte Haus). Dazu kommen dann natürlich noch die Kosten für Umzüge, und sonstige Nebenkosten. Sagen wir also, er hat ca. 230.000 Euro ausgegeben. So viel günstiger als die deutsche Bauweise und Lebensweise ist dies dann unterm Strich auch nicht mehr.

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