Baufinanzierung

110 Prozent-Finanzierung. Wer kann sich das leisten?

12 Oct
Die 110 Prozent-Finanzierung: kostet mehr als üblich uns ist nur für wenige geeignet (Foto: pixabay.com)

Eine 110 Prozent-Finanzierung bzw. Vollfinanzierung finanziert nicht nur den gesamten Kaufpreis der Immobilie UND sämtliche Kaufnebenkosten. In der Praxis werden 110 Prozent-Finanzierungen und Vollfinanzierungen jedoch selten realisiert, sweil die Hürden sehr hoch sind. Voraussetzung ist eine positive Risikoeinschätzung durch den Kreditgeber, umfassende Sicherheiten sowie eine besonders gute Bonität. der Außerdem werden entsprechende Zinsaufschläge verlangt, was die Baufinanzierung unter dem Strich verteuert. Im Unterschied zu einer 110 Prozent-Finanzierung spricht man von einer Vollfinanzierung, wenn die Immobilie zwar ohne Eigenkapital finanziert alle Kaufnebenkosten jedoch mit Eigenmitteln bestritten wird.

110 Prozent-Finanzierung: Immobilienkauf ohne Barmittel

Die Kaufnebenkosten, die mit einer 110 Prozent-Finanzierung ebenfalls mittles Baufinanzierungskredit beglichen werden, variieren je nach Bundesland und können zwischen 7 bis 12 Prozent des Immobilienkaufpreises betragen. Die Höhe berechnet sich sich aus dem Kaufpreis, Makler und Notar sowie aus den bundesländerabhängigen Gebühren und umfasst folgende Bereiche:

Wer eine übliche Baufinanzierung wählt und darauf bedacht ist, den Zinssatz – und damit die Kreditkosten – möglichst günstig zu halten, sollte in der Regel mindestens 30 Prozent Eigenanteil an der Gesamtfinanzierung der Kaufsumme einbringen und sämtliche Kaufnebenkosten mit liquiden Eigenmitteln bezahlen.

Die Nachteile einer 110 Prozent-Finanzierung

  • Die Konditionen der Vollfinanzierung – also der veranlagte Zinssatz – sind immer teurer als Finanzierungen mit  Eigenkapitalanteil.
  • Es gibt nur wenige Anbieter für eine 110 Prozent-Finanzierung. Zudem werden Antragsteller besonders kritisch geprüft.
  • Langfristige Sicherheiten, die das Risiko einer Vollfinanzierung minimieren, sind immer notwendig.
  • Außerdem werden bei einer Vollfinanzierung sehr hohe Tilgungen verlangt, was wiederum direkten Einfluss auf die monatliche Belastung nimmt.
  • Der Antragsteller sollte völlig schuldenfrei sein, keine weiteren Kredite bedienen und eine besonders gute Bonität vorweisen.

TIPP: Nutzen Sie den accedo-Konditionsrechner, um die Abhängigkeit von Eigenkapital und angebotenem Zinssatz zu sehen.

> zum accedo-Konditionsrechner

Mit hohen Zinsaufschläge und hohe Tilgungsraten reduzieren Banken das Ausfallrisiko

Wer weniger als 30 Prozent Eigenmittel für den Kaufpreis einer Immobilie aufbringen kann, wird in der Regel mit einem höheren Zinssatz konfrontiert. Bei einer 110-Prozent-Finanzierung, verlangt die Bank weitere Risikoaufschläge, die von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Bonität, dem Immobilienwert, der Lage und anderen persönlichen Rahmenbedingungen des Kreditinteressenten abhängen.

Dieser Risikoaufschlag dient der Bank als Sicherheit: denn werden die Kaufnebenkosten mitfinanziert, übersteigt der zu finanzierende Kreditbetrag oft den Wert der Immobilie. Der Risikoaufschlag schützt die Bank also vor der zu erwartenden Differenz zwischen Erlös im Falle einer Zwangsversteigerung und der verbliebenen Restschuld des Darlehens zum Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit.

Wer kommt für eine Vollfinanzierung in Frage?

In vielen Fällen gilt die „40-Prozent-Regel“, ob eine Bank überhaupt mit dem Kreditinteressenten spricht. Diese „40-Prozent-Regel“ beziet sich darauf, dass die monatlichen Raten für alle Kredite des Antragstellers maximal 40 Prozent des monatlichen Einkommens ausmachen dürfen. Das deckelt die maximal zur Verfügung gestellte Kredithöhe und hat die Bedingung, dass der Kreditinteressent über ein überdurchschnittlich hohes Einkommen verfügt.

Hohe Tilgung als Voraussetzung für eine Vollfinanzierung

Banken erwarten von Kreditnehmern, dass sie hohe Tilgungsleistungen erbringen. Zusammen mit der „40-Prozent-Regel” deckelt der hohe Tilgungssatz die Höhe der Monatsrate und damit die Höhe der gewährten Kreditsumme. Damit stellen Banken zudem sicher, dass die Kunden einer Vollfinanzierung über ein hohes und vor allem stabiles Einkommen verfügen.

Die Bonität ist eine weitere Hürde der Vollfinanzierung

Die SCHUFA-Auskunft ist zusätzlich wichtig. Das Register sollte keine negativen Einträge des Kreditinteressenten ausweisen. Je höher der Scorewert ist, umso eher wirdeine Vollfinanzierung gewährt. Trotzdem legt jede Bank legt zusätzlich eigene Maßstäbe an und bewertet die Informationen aus dem SCHUFA-Register danach.

Grundsätzlich sollte man die SCHUFA-Auskunft vor einer Anfrage für eine Vollfinanzierung vorab prüfen und mögliche Fehleinträge korrigieren lassen.

Wie findet man eine Bank für eine Voll- oder 110 Prozent-Finanzierung?

Bankenunabhängige Baufinanzierungsvermittler sind eine gute Anlaufstelle. Diese verfügen übe eine tagesaktuelle Übersicht aller Banken, die grundsätzlich bereit sind, eine Baufinanzierung ohne Eigenkapital zu unterstützen.

Zusätzlich lohnt sich immer auch die Nachfrage bei der eigenen Hausbank. Sie kennt Ihre finanziellen Verhältnisse meistens am besten. Ein wichtiger Aspekt ist, dass die Hausbank über die Stabilität der Einnahmen informiert ist und auf eine gemeinsame Historie zurückblicken kann:

  • Gab es in der Vergangenheit Kredite, die regelmäßig bedient wurden?
  • Zeigen die Daten, dass man jederzeit über genügend Geld verfügte?

Außerdem ist im Zuge der Antragstellung Seriosität und Transparenz gefragt: Antragsteller sollten der Bank alle gewünschten Informationen vorlegen, nichts verbergen und immer relevante Auskünfte zur Verfügung stellen. Treten im Zuge der Antragsstellung Unregelmäßigkeiten auf, werden die Gespräche in der Regel sofort abgebrochen.

Für Banken ist eine 110 Prozent-Finanzierung ein gutes Geschäft

Informierte Kreditnehmer erwecken einen seriösen, zuverlässigen Eindruck, was der Bank signalisiert, dass der Kreditnehmer die Tragweite einer Vollfinanzierung überblickt. Deswegen ist die Unterstützung durch eine bankenunabhängige Beratung und Betreuung durch einen Baufinanzierungsvermittler sowie die gemeinsame Suche nach einer entsprechenden Bank von Vorteil. Um eine Vollfinanzierung eher zu erhalten, sollten Kreditnehmer die Erwerbsnebenkosten selbst finanzieren.

Wer vollfinanziert, muss sich im Klaren sein, dass er oftmals länger tilgt, einen schlechteren Sollzins erhält und höhere Tilgungsraten tragen muss. Die accedo AG zeigt in einer Beispielrechnung, was eine 100%-Finanzierung bei einem vergleichsweise moderaten Kreditbetrag von 220.000 Euro bedeutet.

Vollfinanzierung – ein Rechenbeispiel

  • Vollfinanzierung von 220.000 Euro (zum Zinsstand Anfang 2020):
  • Bei einer 100 Prozent-Finanzierung wird der Kreditnehmer mit 744 Euro pro Monat belastet.
  • Bei einer 110-Prozent-Finanzierung – also mit Kaufnebenkosten – werden 906 Euro im Monat fällig.
  • Bringt der Interessent jedoch 40.000 Eigenkapital in die Finanzierung ein und braucht somit 180.000 Euro Kredit, zahlt er nur noch 574 Euro im Monat – und das über einen Zeitraum von 20 Jahren. Im Vollfinanzierungsfall dagegen beträgt die Laufzeit 35 Jahre.
  • Teuer wird es, wenn der Vollfinanzierer sich nach 15 Jahren von der Immobilie trennen will.
    Er erhält zwar den getilgten Betrag von 73.292 Euro – aber auch nur unter bestimmten Voraussetzungen – zurück. Von den 55.865 Euro Zinskosten, die bislang angefallen sind, sieht er jedoch nichts mehr. Bei einer Baufinanzierung mit 40.000 Euro Eigenkapital dagegen erhält er zum selben Zeitpunkt die getilgten 101.192 Euro wieder und muss lediglich 38.405 Euro an Zinskosten abschreiben.

Fazit: Ohne Eigenkapital Immobilie finanzieren – eine Alternative für Gutverdiener

Vollfinanzierung ist für Kreditnehmer mit einem hohen über Jahre gesicherten Einkommen geeignet, die zudem in der Lage sind, mit hohen Tilgungen (z. B. 10 Prozent) leben zu können. Eine weitere Einschränkung: Selbständige und Freiberufler finden normalerweise keine Bank, die eine 110 Prozent-Finanzierung gewährt. Die besten Karten haben hier jüngere Beamte im mittleren und höheren Dienst.

Wenn langfristige, gute und stabile Einkommensverhältnisse gegeben sind, ist eine 110 Prozent-Finanzierung eventuell eine Alternative. Den aufgrund des Steuerrechts, welches unter Bedingungen Schuldzinsen anrechnet, kann eine Vollfinanzierung unter Umständen dienlich sein. Das muss aber umfassend mit dem Steuerberater besprochen werden. Auch ist das Baufinanzierungskonzept oftmals ein Mix verschiedener Bausteine – und kein „einfaches” Annuitätendarlehen. Deswegen ist angeraten, für eine Vollfinanzierung die fachkundige und bankenunabhängige Expertenberatung zu suchen.

Unser Tipp: Fachkundige Beratung ist die Grundlage einer sicheren Vollfinanzierung

Eine Vollfinanzierung kostet mehr. Sie führt zu höheren monatlichen Belastungen. Und macht außerdem Probleme, wenn man die Immobilie innerhalb der Darlehenslaufzeit verkauft. Banken bieten die 110-Prozent-Finanzierung in der Regel nur Beamten und Besserverdienern an, die langfristig in einem Angestelltenverhältnis stehen.

Sie hat dann Vorteile, wenn mit dem Steuerberater zusammen ein Steuerspar-Konzept erarbeitet ist, welches auf der steuerlichen Absetzbarkeit von Schuldzinsen gründet.

Zudem erfordert sie ein umfassendes Baufinanzierungs-Know-how, das nicht jeder hat. Oft kommen Kombinationen verschiedener Finanzierungsbausteine zu tragen. Dann kann eine Vollfinanzierung auch zu einem optimierten Vermögensaufbau beitragen.

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