Zinskommentar

Zinsvergleich 2022 – wenn Baugeld-Zinsen steigen

Baugeld-Zinsen steigen, der >Immobilienmarkt stagniert. Wie man jetzt günstig finanzieren kann.
18 Oct
Baugeld-Zinsen steigen, sind aber im historischen Vergleich weiterhin günstig. (Foto: pixabay.com)

Das Jahr 2022 scheint für Immobilienfinanzierungen kein gutes zu sein. Was am Jahresanfang noch relativ moderat begann, setzte sich im Lauf des Jahres unerwartet rasant fort. Die Baugeld-Zinsen steigen weiter und ein Ende ist nicht abzusehen. Natürlich sind das keine gute Nachrichten für alle, die ihren Traum von der eigenen Immobilie realisieren möchten. Aber schauen wir genauer hin: Die Baugeld-Zinsen haben Ende November wieder das Niveau von 2011 erreicht. Eine durchschnittliche 10 jährige Zinsbindung kostet aktuell knapp unter 4 Prozent. Expert:innen sind sich einig: „Dass die Zinsen zeitnah wieder spürbar sinken werden, ist unwahrscheinlich“. An der gesamtwirtschaftlichen Gemengelage aus gestiegener Inflation, gestraffter Geldpolitik der EZB und hohen Renditen für deutsche Staatsanleihen werde sich in den kommenden Wochen und Monaten vermutlich nichts ändern. Deshalb erwarten Immobilienfinanzierer weiterhin moderat steigende Zinsen.

Was kann man tun, wenn Baugeld-Zinsen steigen

Das wesentlichste Kriterium, um hohe Zinsen zu reduzieren, ist das Eigenkapital. Wer heute ca. 30 Prozent Eigenmittel an der Gesamtfinanzierung (600.000 Euro Gesamtinvestition, davon 200.000 Eigenkapital) einbringt, erhält bei den meisten Banken bei einem Tilgungssatz von 2 Prozent und 10 jähriger Laufzeit einen Kreditsatz von um die 4 Prozent. Mit einer erhöhten Anfangstilgung von 4 Prozent ist eine Ersparnis von ca. 0,1 Prozent auf den Zinssatz möglich. Das bedeutet eine monatliche Belastung von ca. 2.500 Euro. Ein geringerer Tilgungssatz von 2 Prozent drückt diese Belastung bereits auf unter 2.000 Euro. Aber eine Laufzeit von ca. 28 Jahren bis zur vollständigen Tilgung. 4 Prozent wiederum verkürzen die Laufzeit um 10 Jahre. Zudem spart man damit über die gesamte Laufzeit bis zur vollständigen Tilgung nahezu 20.000 Euro.

Allein an diesem kurzen Rechenbeispiel (Stand: Mitte Oktober 2022) zeigen sich die Möglichkeiten. Wer schneller tilgt, zahlt monatlich mehr, spart aber langfristig. Verlängert man die Laufzeit des ersten Darlehens auf 20 Jahre, sind nur marginal höhere Zinsen fällig. Die Restschuld, also der Betrag, der am Ende der Erstfinanzierung anschlussfinanziert werden muss, liegt bei 2 Prozent Tilgung dann bei ca. 160.000 Euro. Bei 4 Prozent Tilgung ist man aber bereits nach 17 Jahren schuldenfrei. Um den Einfluss von Laufzeit und Tilgung zu simulieren, nutzt am besten den Konditions- und Restschuld-Rechner der accedo AG: accedo Konditionsrechner.

Baugeld-Zinsen steigen – Immobiliennachfrage stagniert

Im Februar lag der Durchschnittszins für ein zehnjähriges Darlehen noch bei etwas über einem Prozent, im Juni bereits bei über drei Prozent. In der ersten Jahreshälfte war die Nachfrage nach Immobilienkrediten noch hoch, doch ist diese seit dem Sommer spürbar zurückgegangen. Natürlich hat das mit den schwierigeren Rahmenbedingungen zu tun. Aber diese Zurückhaltung hat auch viel mit der medialen Präsenz des Themas zu tun. Artikel mit Überschriften wie: „der Immobilien-Wahnsinn” oder „Bauzinsen explodieren” führen zu einer allgemeinen Verunsicherung. Dabei ist eine Baufinanzierung bei weitem nicht so risikobehaftet, wie es die mediale Berichterstattung suggeriert.

Die Kehrseite der Medaille ist nämlich, dass aufgrund der gesunkenen Nachfrage der bisherige Anbietermarkt und einem  Käufermarkt mutiert. Das heisst, dass Käufer bei der Preisverhandlung wieder sehr gute Karten haben. Insbesondere bei Bestandsimmobilien abseits der Metropolen ist ein Rückgang der Angebotspreise festzustellen. Vielerorten sind Immobilien mit Sanierungsbedarf für Dämmung und Heizung bereits für unter 250.000 Euro zu haben. Nutzt man dann die staatlichen Fördermittel für energetische Sanierung, die bis zu 30 Prozent der Sanierungsinvestition ausmachen, ist der Kauf einer Bestandsimmobilie durchaus realistisch – wenn die Eigenkapitalquote stimmt.

Baugeld-Zinsen nähern sich wieder der Normalität

Dass vor einem Jahr Baugeldzinsen um 1 Prozent angeboten wurden, war ein Glücksfall der Geschichte. Betrachtet man die Zinsentwicklung der letzten Dekaden seit 1950, so waren Zinssätze um 6-8 Prozent die Norm. Diese Zinssätze galten in weltwirtschaftlich stabilen Zeiten als normal. Erst mit dem Einsetzen der Finanzkrise Ende der Nullerjahre und den massiven Eingriffen der Zentralbanken sackte der Zinssatz ins Bodenlose ab. Das entsprach aber nicht der Realität. Sondern war Folge der massiven Eingriffe der Zentralbanken, die mit extrem günstigen Krediten die Konsumlaune und damit das Wirtschaftsklima künstlich hoch hielten. Das heisst im Umkehrschluss, dass man Dinge kreditfinanziert kaufen konnte, die man sich eigentlich nicht leisten konnte. Die ungesund niedrige Inflation zu dieser Zeit sowie die teilweise massiven Einkommenserhöhungen machten es einfach auch für Privathaushalte möglich. Die Warnung seriöser Kreditanbieter war schon damals, bei Finanzierungen immer die Restschuld am Ende des Erstvertrags im Auge zu behalten und damit zu rechnen, dass für eine Anschlussfinanzierung, die Zinsen wieder merklich anziehen können. Und genau das ist jetzt der Fall.

Baugeldzinsen im historischen Vergleich

1980 rutschen die Baugeldzinsen erstmals unter 10 Prozent. 1990 zeigt sich die deutsche Wirtschaft durch den wirtschaftlichen Impuls des Mauerfalls besonders kräftig, was wiederum Einfluss auf ein hohes Zinsniveau nahm. Zur Jahrtausendwende sind die Zinsen für Immobilienkredite Achterbahn gefahren. Die Internetblase hatte die Konditionen binnen kurzer Zeit extrem steigen lassen. Konnten Kreditnehmer Ende der neunziger Jahre bereits zu vier Prozent finanzieren, hatte der Aktienboom die Kreditzinsen Anfang 2000 wieder auf über sechs Prozent getrieben. Im Vergleich zu den vorangegangen Jahren waren Darlehen dennoch billig wie nie zuvor. Erst als die Internetblase platzte und die Weltwirtschaft erstmals wackelte, begann der Sinkflug der Kreditzinsen, der in einem Zinssatz von unter 1 Prozent im Jahr 2021 endete.

Genau genommen bewegte sich der Zinsmarkt für Baufinanzierungsdarlehen in den letzten 10 Jahren auf bis dahin unbekannt niedrigem Niveau. Gleiches gilt im übrigen auch für die Inflationsrate – als Folge der wirtschaftliche  Turbulenzen in diesen Jahren. Dass eine Rückkehr zur Normalität notwendig sei, haben während dieser Phase viele Notenbanker angemahnt. Und genau das passiert heute. Einzige aktuelle Aufgabe der Währungshüter ist es, die aktuell galoppierende Inflation wieder in den Griff zu bekommen. Es ist zu erwarten, dass deswegen die Zinsschraube moderat angezogen wird.

Was bedeutet ein höheres Zinsniveau für Interessenten einer Baufinanzierung?

Die wesentlichsten Begriffe sind: Eigenkapital und Restschuld. Wer entsprechend Eigenkapital einbringen kann und zudem die Möglichkeit hat, während der Laufzeit des Darlehens Geld anzusparen, um am Ende die Restschuld zu verringern oder gar abzulösen, hat heute besonders gute Karten – und kann weiterhin im historischen Vergleich günstig finanzieren. Zudem hat er inzwischen die Möglichkeit, den neuen Käufermarkt für Immobilien für sich zu nutzen und günstige Kaufpreise erzielen.

Zudem sollte ein versierter Baufinanzierungsvermittler hinzugezogen werden. Ein Mix aus staatlichen Förderprogrammen, klassischer Baufinanzierung, Bausparen und Eigenmitteln garantiert nach wie vor eine machbare und günstige Baufinanzierung. Natürlich muss man vergleichen – und nicht dem erstbesten Angebot einer (Haus-) Bank vertrauen. Zudem ist davon auszugehen, dass zukünftig die Baugeld-Zinsen steigen – und sich dem historischen Normalmaß von 6-8 Prozent annähern. Aber genauso wenig wie damals die Eltern sollte man sich heute von einer Eigenheim-Finanzierung abschrecken lassen. Letztendlich war die selbstbewohnte Immobilie schon immer ein Hort der Sicherheit.

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