Baufinanzierung

Mitten im Immobilienboom – kaufen oder mieten?

Seit nunmehr zwei Jahren sinken die Zinsen für die Baufinanzierung und haben inzwischen historische Tiefstwerte erreicht. Auf der anderen Seite mehren sich die Meldungen, dass die Immobilienpreise besonders in den Ballungszentren wie München, Hamburg, Köln, Frankfurt und Berlin immer weiter steigen. Können die absolut günstigen Baufinanzierungs-Möglichkeiten die scheinbar explodierenden Preise auf dem Wohnungsmarkt ausgleichen? Und was meinen Experten dazu?

Kaufen oder mieten? Die Banken sagen: kaufen.

Banken raten nach wie vor zum Immobilienkauf, da einerseits die üblichen Geldanlagen kaum noch Rendite versprechen und Betongold auch in Krisenzeiten eine sicheres Geschäft wäre. Die Medienlandschaft wiederum hebt inzwischen den Zeigefinger und warnt vor weiter steigenden Immobilienpreisen, die Gefahr laufen würden, sich zu einer Immobilienblase ähnlich der in den USA und Spanien zu entwickeln. Immobilienexperten wiederum relativieren die Szenarien, indem sie darauf verweisen, dass Deutschland seit nunmehr nahezu 20 Jahren hinter den europäischen Steigerungsraten für Immobilien hinterher hinken und sich gerade erst an den europäischen Durchschnitt annähern würde. Und Volkswirte meinen, dass es in Deutschland zu keiner Immobilienblase kömmen könnte, da die Baufinanzierer in Deutschland entsprechende Regularien eingeführt hätten, die einerseits eine Beleihung von mehr als 100% pro Kaufobjekt nicht zuließen und sich andererseits ganz genau die finanziellen Verhältnisse der Antragssteller analysieren würden. Und was ist nun die Wahrheit bei der Frage kaufen oder mieten?

Wie so oft: die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Zuerst einmal die Fakten: In Deutschland träumen 85% von den eigenen vier Wänden im Eigenbesitz; aber nur 42% leben dagegen im Eigentum. Die Zeitschrift Finanztest rät, dass jeder, der über genügend Kapital verfüge, heute sich dazu entschließen sollte, sich Eigentum anzuschaffen, da es sich hierbei einerseits um eine Alterssicherung und andererseits um eine gute Geldanlage im Vergleich zu extrem niedrig verzinsten Anlageprodukten handeln würde. Bei Stiftung Warentest finden Sie einen Finanztest-Rechner, der ermittelt, ob Sie als Käufer oder Mieter einer Immobilie günstiger wegkommen: Kaufen oder mieten – der Rechner.

Entscheidung 1: Langfristigkeit

Es zeigt sich, dass insbesondere die Dauer, in der Sie die Immobilie im eigenen Besitz halten wollen, darüber entscheidet, ob es sich für Sie am Ende rechnet oder nicht. Die Faustregel: Je länger Sie das finanzierte Eigentum halten, umso größer ist der Gewinn, den Sie daraus ziehen können. Dagegen wird Sie der Kauf unter dem Strich mehr kosten als die Miete, wenn Sie z. B. aus beruflichen Gründen öfters die Stadt wechseln müssen. Unsere Empfehlung: Wenn Sie heute schon voraussehen können, dass Sie nicht länger als 5 Jahre an einem Ort bleiben (können), dann ist eine Mietwohnung definitiv vorzuziehen (oder Sie entscheiden sich, diese dann später zu vermieten … in diesem Falle können Sie dann von einer langfristigen Geldanlage reden, die sich letztendlich wahrscheinlich auch rechnen wird).

Entscheidung 2: Eigenkapital

Auch wenn Banken eine nahezu vollständige Finanzierung ohne Eigenkapital bewerben, so sollten Sie trotzdem vorsichtig sein und Eigenkapital (zwischen 15-25% des Kaufpreises) mitbringen. Die Frage: kaufen oder mieten, wenn Sie über kein Eigenkapital verfügen, sollte dazu führen, sich über das Risiko eines Kaufes klar zu werden. So haben Sie eine weit höhere Wahrscheinlichkeit, dass Sie auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten  Zinsen und Tilgung für das Baugeld bedienen können. Finanzierungskonzepte, ”die auf Kante gestrickt sind”, bergen immer ein hohes Risiko, dass wenn etwas unvorhergesehenes passiert (z. B. Krankheit, kaputtes Auto etc.)., plötzlich auch die Finanzierung auf der Kippe steht. Übrigens bescheinigt eine Studie des Sparkassen- und Giroverbandes, dass 45% der Bundesbürger eine Immobilie als Vermögensschutz  für Inflation oder Geldentwertung sieht. Das Managermagazin warnt sogar davor, in Immobilien aus Angst vor einer Geldentwertung zu flüchten, da diese Flucht die Immobilienblase weiter anheizt: Die Mär vom Schutz vor Teuerung. Wir möchten in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass der Kauf einer Immobilie zur Eigennutzung immer auch eine emotionale Entscheidung ist. Natürlich muss sich der Invest rechnen. Aber so strenge Annahmen wie z. B. bei einer kurzfristigen Geldanlage sind nicht zu treffen, vielmehr geht es dabei um Langfristigkeit (aus heutiger Sicht um mindestens 20 Jahre, in denen die Eigentumswohnung oder das eigengenutzte Haus in ihrem Besitz ist, bevor Sie einen Veräußerung erwägen) und um das „gute Gefühl”, ein Wohnung bzw. ein Haus zu bewohnen, wo Sie sich und Ihre Familie wohl fühlen.

Entscheidung 3: Altersvorsorge

Viele Immobilienbesitzer sehen in ihrem Eigentum einen wichtigen Baustein für ihre Altersvorsorge. Hierbei ist die Rechnung einfach: Ist die Immobilie einmal abbezahlt, spart man sich die teuere Miete, was im Alter dann einen erweiterten finanziellen Spielraum gewährt. Das bedeutet aber auch gleichzeitig, dass man in relativ jungen Jahren bereits weiss, wo man später sein Alter verbringen will. In diesem Falle ist die Frage ”kaufen oder mieten” mit Kaufen zu beantworten. Grundsätzlich stimmen wir zu, dass eine eigenbewohnte und fertig finanzierte Immobilie in der Rente viele Vorteile hat – besonders, wenn man hierzu auch die emotionalen Gründe des Eigenheims und den damit einhergehenden Freiraum zählt.

Entscheidung 4: Stadt oder Land

Wie so häufig, entscheidend ist die Lage. Besonders in den deutschen Boomstädten wie München, Hamburg, Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main und Köln sind die derzeitigen Anschaffungskosten weiterhin im Steigen begriffen – die Aussicht auf Rendite nach Ablauf der Finanzierung ist aber auch dementsprechend gut. Auf dem Land ist der Erwerb einer Immobilie oftmals günstig – die Rendite, nachdem der Kredit abbezahlt ist, aber eher bescheiden. Im Normalfall – besonders bei Mietern, die nun gerne in Eigentum wechseln möchten – ist eine solche Entscheidung aber nicht nur rein rational getrieben – die emotionale Seite spielt natürlich auch eine Rolle, insbesondere dann, wenn eine Eigennutzung angestrebt wird.

Entscheidung 5: Mietzins ist gleich Baugeld-Zins

Insbesondere, wenn Sie Eigenkapital mitbringen, ist es heute möglich, mit der Höhe der Mietkosten auch eine Immobilie finanzieren zu können., wodurch sich die Frage ”kaufen oder mieten” so dann nicht mehr stellt.Andreas Brönner, Vorstand der ACCEDO AG weist darauf hin, dass eine 2% Tilgung, eine möglichst lange Laufzeit (bei ACCEDO bis zu 30 Jahren möglich) sowie ein Volltilger-Darlehen bei ungefähr identer Größe der Miet- und der Kaufwohnung eine ”Null-Rechnung” möglich ist, d. h. die monatliche Zins– und Tilgungsbelastung entspricht ziemlich exakt der monatlichen Mietzahlungen. Wenn Sie zudem im Sinn haben, den Eigentum möglichst lange zu nutzen (falls nichts Unvorhergesehenes passiert), die Wunschwohnung auch auf ihre Lebensplanung (z. B. Kinderwunsch) ausgelegt ist und Sie trotz Baugeldzins noch über finanziellen Spielraum verfügen (z. B. für Unvorhergesehenes, für Urlaub, für Anschaffungen wie Auto oder Haustechnik), dann ist das sicher ein guter Grund, ein unverbindliches Beratungsgespräch zu suchen.

Für alle, die nach dem Lesen dieses Artikels noch mehr wissen wollen, ist der Artikel des Managermagazins vom 8.11.2012 zu empfehlen. In diesem berechnet der Finanzexperte Max Herbst ein komplexes Szenario zum Thema kaufen oder mieten : Kaufst Du noch oder mietest du schon?