Baufinanzierung

Zinsentwicklung: Europa beeinflusst die Baugeld-Zinsen

Letzte Woche hat die Europäische Zentralbank (EZB) zum ersten mal seit ihrem Bestehen den Leitzins für den Euroraum unter 1% auf 0,75% gesenkt. Effekt auf die duetsche Zinsentwicklung? Gleich null. Die Aktienmärkte haben sich nicht beruhigt, der DAX ist sogar ins Minus gerutscht. Aber nicht genug. Die Leitzinssenkung um 0,25% wurde ebenso für Geld, das sich Banken ausleihen können wie für beim Zinssatz für Über-Nacht-Einlagen bei der Notenbank durchgeführt. Mit diesem Maßnahmen will die EZB erreichen, dass Kredite günstiger werden, damit der so lange ersehnte Wirtschaftsaufschwung im Euroraum eingeleitet und die gewünschte Zinsentwicklung angestoßen wird. Trotzdem bleibt das Problem bestehen, dass sich Banken untereinander kein Geld leihen und lieber Liquidität bei der EZB lagern. Auch aus diesem Grund ist der Kreditkreislauf in der Eurozone seit nahezu 5 Jahren gestört. Deswegen hatte die Leitzinssenkung vergangene Woche nicht den erhofften Effekt auf die Zinsentwicklung.

Europäische Krisenstaaten setzen die europäische Zinsentwicklung unter Druck

Weiterhin sind die von der Krise betroffenen EU-Staaten (Spanien, Griechenland, Italien, Portugal, Irland) damit beschäftigt, die enormen Kreditrisiken in ihren Ländern abzubauen – zumeist finanziert durch die Notenbanken. Zudem sind die Forderungen der EU-Finanzbehörden an das Eigenkapital der einzelnen Banken gestiegen, was wiederum dazu führt, dass sie ihre Kreditvolumina senken müssen. Auf diesem Hintergrund ist es verständlich, dass diese geringe Leitzinssenkungen zu keiner Stabilisierung – auch der Zinsentwicklung – führen wird. Nach wie vor sind die Zinssätze, für die sich die Krisenstaaten Geld leihen können, viel zu hoch und beschleunigen letztendlich den Effekt der Instabilität. Deswegen wird erwartet, dass die EZB ein Programm auflegen wird, um Staatsanleihen dieser Länder zu kaufen. Diese Einflussnahmen führen letztendlich dazu, dass sich die Zinsschere zwischen den Krisenländern und Deutschland noch weiter auftun wird. Während sich Deutschland Geld unter 1% leihen kann, müssen die Südstaaten ziwchen 5-7% an Zinsen zahlen – auf Dauer ein untragbarer Zustand. Es ist das Gebot der Stunde, diese Ungleichheiten wieder auszubalancieren.

Immobilienblasen in den Krisenländern destabilisieren die Zinsentwicklung

Die geplatzten Immobilienblasen in den Krisenländern haben sehr viel mit den Sparüberschüssen z. B. in Deutschland, zu tun: Diese Überschüsse hatten durch die Transferpolitik der Banken ihren Weg in die derzeitigen Krisenländer gefunden, deren Wachstum ungesund angetrieben und Konsum wie Investitionen massiv beschleunigt. Die Kredite für Konsumgüter, Immobilien und für Unternehmen waren dadurch günstig wie nie, was aber wiederum dazu führte, dass sich diese Länder über die Maßen verschuldet hatten. Das führte wiederum dazu, dass die Zinsen in den als sicher geltenden Staaten eigentlich – gemessen am Konjunkturverlauf – viel zu niedrig sind, während diese in den Südländern, deren Wirtschaft stottert, viel zu hoch sind.

Das daraus resultierende Risiko für die europäischen Kernstaaten, die der Krise noch trotzen, ist groß: Durch die Minizinsen sind klassisch risikoarme Spareinlagen so unattraktiv, dass Anleger vermehrt in risikantere Anlagen einsteigen, da sie hier auf eine entsprechende Rendite- und Zinsentwicklung hoffen.  Immobilienkauf steht derzeit ja ganz oben auf der Hitliste der deutschen Anlagen. Historisch tiefe Bauzinssätze und steigendes Einkommen wirken dabei wie ein Beschleuniger – zu vergleichen mit den vergangenen Entwicklungen z. B. in Spanien, deren Auswirkungen wir nun in drastischer Weise sehen.

Nach langer Stagnation steigen die Immobilienpreise in Deutschland wieder

Nach eineinhalb Jahrzehnten Immobilienstagnation steigen jetzt die Preise – derzeit insbesondere in Ballungszentren. Wir glauben aber, dass sich diese Tendenz auch auf B-Lagen und ländliche Bereiche ausbreiten könnte. Sicherlich ist diese Entwicklung nach Jahren der Stagnation noch im grünen Bereich – die Gefahr aber, dass der Markt überhitzt und damit auch zu einer deutschen Immobilenblase führen kann, ist nicht von der Hand zu weisen. Die Unruhe auf den Aktienmärkten, die extrem niedrigen Zinsen für Spareinlagen und die extrem günstigen Kreditzinsen machen „Betongold” als vermeintlich sichere Anlageform für viele so lukrativ. Doch der warnende Finger sollte gehoben werden: Hier zeigt sich ein ähnlich negativer Effekt durch die Zinspolitik, der bereits die Krisen in Spanien oder Portugal befeuert hat. Eigentlich müssten in Deutschland abgestimmt auf die Inflationsrate, die Konjunkturdaten sowie die Lohnpolitik bei einem Leitzins von 3% (statt o,75%) und einem Zinssatz von ca. 5% für Bundesanleihen mit 10 jähriger Laufzeit (statt 1,4%) liegen.  Die Baugeldzinsen sehen wir in Abhängigkeit der deutschen Konjunkturentwicklung eher bei 5% als bei 2,5% (bei 10 jähriger Laufzeit). Deswegen liegt die derzeitige Zinsentwicklung weit unter dem Wert, der für Deutschland vernünftig wäre.

Wie wird es in Europa und der Zinsentwicklung in Deutschland weitergehen?

Im Herbst 2013 wird sich unseres Erachtens vieles entscheiden: Mit Frankreich, Spanien und Italien haben sich die neben Deutschland einflussreichsten Länder der Eurozone formiert, die Währungsunion zu forcieren, was gleichzeitig die Position Deutschlands aufweichen wird. Es erscheint als sehr wahrscheinlich, dass die Eurobonds kommen werden – was nichts anderes bedeutet, dass die Nordländer weiteres Geld in Richtung Südländer pumpen. Wahrscheinlich wird auch die EZB ihre Position, keine Anleihen der Krisenländer zu kaufen, nicht halten können, will sie die den Zusammenbruch der Währungsunion verhindern. In diesem Zuge werden die derzeit noch moderaten Inflationsraten ebenfalls nicht zu halten sein.

Es kann als ziemlich sicher gelten, dass Deutschland im Verbund mit den anderen Geberländer zahlen muss – die von vielen europäischen Staaten angepeilte Transferunion lässt sich wohl nicht verhindern. Aber auch Ausstiegsszenarien werden zu immensen Anpassungskosten führen – beide Wege führen letztendlich dazu, dass deutschen Staatsanleihen – ein besonders wichtiger Indikator für die weitere Entwicklung von Baugeldzinsen – langfristig steigen werden. Wir erwarten, dass dies noch vor dem Jahreswechsel 2012/13 passieren wird – zumal auch internationale Anleger Deutschland als sicheren Hafen in Frage stellen. Jeder Schritt Deutschlands in Richtung Transferunion wird diese Entwicklung beschleunigen.

Der Einfluss auf die Baufinanzierung

Unter diesen Vorzeichen ist davon auszugehen, dass sich Baugeld auf Sicht wieder verteuern wird und wir die Phase des absoluten Niedrigzinses, die nun schon mehr als 18 Monate hält, verlassen werden. Eine modarate Zinsentwicklung nach oben ist zu erwarten. Wer heute einen Hausbau oder den Kauf einer Eigentumswohnung plant, sollte jetzt tätig werden, um zu einem Abschluss im Laufe dieses Jahres zu kommen. Auch wenn die Finanzierung für einen Eigentumserwerb  erst im Herbst 2013 starten sollte, ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt, sich über Vorfinanzierungen zu informieren. Gleiches gilt für Anschlussfinanzierungen: Läuft der Erstkredit im Laufe des nächsten Jahres aus, sollte man sich im Herbst 2012 auf die Suche nach einem Forwarddarlehen machen – so sichern Sie sich heute die extrem niedrigen Zinsen und sind auf der sicheren Seite, wenn sich nächstes Jahr der Markt drehen sollte.